Kopfsache Hut | Nadine Stadelmann und Ihre große Leidenschaft für alte Hüte

 Kopfsache Hut - “Aus Alt macht Neu”!


Es gibt kleine, große, eckige, runde, hohe und flache Hüte. Hüte aus Filz, Stroh, Velours und Stoff. Kopfbedeckungen sind schon seit ca. 5.000 Jahren bekannt, waren jedoch damals hauptsächlich Priestern und Königen vorbehalten und hatten zudem eine tiefere Bedeutung. Heutzutage kann jeder Kopfbedeckungen tragen und es darf getragen werden, was gefällt - zumindest hier bei uns im schönen Allgäu. 




Mein Weg führt mich heute nach Niedersonthofen auf einen abseits gelegenen Bauernhof mit schönster Aussicht zu unserem “Wächter des Allgäus”, dem Grünten. Als sich mir die Türe öffnet, begrüßt mich Nadine Stadelmann mit einem charmanten Lächeln und nimmt mich geradewegs mit zu sich nach oben. Meine Erwartungen beschränken sich zu Beginn etwa auf ein eigenes Atelier, oder ein Nähzimmer. Doch was mich erwartet, überrascht und fasziniert mich zugleich. 





Mein Zuhause - meine Wirkstätte


Bereits im Flur empfängt mich eine Schneiderpuppe mit einem halbfertigen Dirndl, an dem Nadine Stadelmann gerade arbeitet, sowie auf einer Kommode unzählig viele alte und abgewetzte Filzhüte, die vermutlich schon einige Jahre von den unterschiedlichsten Köpfen getragen wurden. Aber auch bereits von ihr aufgearbeitete Hüte, die für ihre Besitzer zur Abholung bereitliegen. Genau diese sind die große Leidenschaft der gebürtigen Mittelfränkin, die zusammen mit ihren Eltern und ihrer Zwillingsschwester in Ansbach aufgewachsen und erst später ins Allgäu gekommen ist, früher durch den Urlaub, später der Liebe wegen. Auf einer Motorradreise in den französischen Alpen hat die 47-jährige ihren heutigen Mann Martl, einen waschechten Allgäuer, kennengelernt. “Meine Familie und mein Mann sind schon ein bisschen stolz auf mich, auch wenn er mitunter etwas unter meinem Ausbreitungsdrang in der Wohnung leiden muss, weil ich noch keinen geeigneten Werkstattraum habe", lacht Nadine. 






Das „Hut machen“ selbst beigebracht


Nadine Stadelmann hat sich das Hut machen selbst beigebracht, nachdem sie nichts passendes für sich gefunden hat. “Irgendwann habe ich mich dann einmal an einem alten Filz-Hut meines Opas versucht, diesen zerlegt und daraus meinen ersten eigenen Hut mit Hilfe aus Marmeladeglas, Zeitungspapier und Klebeband geformt”, erinnert sie sich. Am Anfang hat sie tagelang experimentiert und recherchiert. “Mich hat das Hutfieber voll erwischt”, lacht Nadine. “Nach und nach habe ich für meinen Mann Hüte aus alten Hüten gemacht, was sich dann ziemlich schnell herumgesprochen hat”. Mit jedem Hut hat sie dabei etwas dazugelernt und das ist bis heute so geblieben. Denn so sehr sie sich um ein Praktikum in einer Hutmacherei auch bemühte, wollte keiner sein Wissen an sie weitergeben. 



Ein Kämmerchen randvoll mit Schätzen


Für die sympathische “Wahl-Allgäuerin” ist es immer wieder erhebend zu sehen, wie aus etwas Altem wieder etwas Schönes, tragbares gemacht werden kann. “Ich habe ein Faible für alte Dinge und Materialien und werfe ganz ungern Dinge weg”, erzählt sie mir. “Ich repariere und erhalte lieber. Dies ist zwar immer wieder eine Herausforderung, aber unheimlich befriedigend. Heutzutage ist es leider eher die Ausnahme, dass Dinge repariert oder renoviert werden”, so Nadine weiter. Daher setzt sie auch auf Nachhaltigkeit und hält nichts davon, ständig neue, (angeblich) ökologische und nachhaltige Produkte zu kaufen. 



Vom Stumpen zum Hut


Die Hüte bestehen entweder aus Wolle oder Hasenhaar. Hier wird zwischen Hasenhaarfilz, Velours oder Melousine unterschieden, wobei der Haarfilz leichter und feiner ist als Wollfilz mit glatter Oberfläche, Velours eine samtartige Oberfläche besitzt und Melousine aus einem flauschigen, langhaarigen Material besteht. “Für einen Hut benötige ich ca. 6 - 8 Stunden, bei den Restaurierungen auch manchmal mehr. Das kommt ganz auf den Aufwand und das Material an, da ich alles von Hand forme”, verrät sie mir. Benötigt werden Hut-Grundformen, ein Hutweiter, Massband, Wasserkessel und -Topf, Hammer und Nägel. Zudem noch Nadel und Fäden, Pinsel, Scheren mit abgerundeter Schnittfläche und verschiedene Hutbürsten. Mit der Freiarm-Nähmaschine werden die Hüte am Rand eingefasst. Bis ein Hut dann tatsächlich fertiggestellt ist, sind viele einzelne Schritte notwendig. 

“Ein alter Hut wird zunächst zerlegt, mehrfach gereinigt und dann weiter wie ein Rohling behandelt. Der Stumpen wird dann unter Dampf gesetzt, so dass er gut formbar wird. Anschließend wird dieser über die Grundform gezogen und auf dieser gespannt und festgenagelt. In den nächsten 1 bis 2 Tagen ist der Hut dann getrocknet und kann von der Form genommen werden und wird in mehreren Arbeitsgängen mit Hutsteife dünn eingestrichen”, erklärt sie mir. “Wenn der Hut dann fest genug und trocken ist, wird er über dem Dampfkessel von Hand geformt, bis er der Vorstellung des Kunden entspricht”, so Nadine weiter. In der Anfertigung eines jeden Hutes steckt eine ganze Menge Fingerspitzengefühl.  







Hutliebhaber aus Nah und Fern


Als Hutmacherin ist Nadine inzwischen sehr begehrt. So erreichen sie z. B. Anfragen von eingefleischten Trachtlern aus München und Umgebung, der Chiemseer Region, Garmisch, Murnau und neben dem Allgäu auch aus der Bodensee-Region. Dabei sind dies überwiegend jüngere Kunden, wie z. B. Jäger und Landwirte, Älpler und natürlich auch Freunde und Bekannte aus dem eigenen Kreis. Gebracht werden dann Erbstücke von Opa, Onkel oder auch herrenlose und ausgefallene Einzelstücke, die von ihr dann hingebungsvoll aufgearbeitet werden. Damit immer ein schönes Unikat herauskommt, darf es aber nicht zu viel werden, da sonst die Leidenschaft und die Begeisterung fürs Hutmachen vielleicht einmal verloren gehen könnten und irgendwann nur noch zur Routine werden. “Da fehlt dann das Herzblut - das möchte ich unbedingt vermeiden”, gibt sie mir zu Abschluss noch mit einem Augenzwinkern mit auf den Weg.




Ihr habt auch noch einen alten Hut bei Euch zuhause oder würdet gerne jemandem eine Freude mit eine "Hutschein" machen?

Dann kontaktiert Nadine gerne unter der unten angegeben Kontaktadresse. 


Herzallgäuerliebst Grüße


Eure Saskia







Kontaktdaten: 

Nadine Stadelmann

Gopprechts 6

87448 Waltenhofen

Mobil: 0170 / 7690499

Webseite: www.kopfsache-hut.de

Mail: kopfsache-hut@web.de

 

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