Die erste Steinkugelmühle im Allgäu | Pfronten


Die erste Steinkugelmühle im Allgäu


Die Faszination der Kugel



Eine Kugel aus Stein — jede von ihr ein echtes Unikat. Sie sind ganz rund, glatt und glänzen, so dass sie sowohl Kinder als auch Erwachsene gleichermaßen begeistert.

Doch, wie entsteht aus einem kantigen, glanzlosen Stein eine solches Einzelstück? Wer diesem auf den Grund gehen möchte, kann dies in der ersten Steinkugelmühle im Allgäu in Pfronten-Kappel tun. 
Diese liegt nicht unweit vom Waldseilgarten Höllschlucht entfernt und es gibt dort jeweils im Sommer informative Vorführungen, die zum Mitmachen einladen. 



Gespannt hören die Teilnehmer dem Vortrag von Sabine Schnabl vom Waldseilgarten-Team zu, die ausführlich und sehr anschaulich erklärt, wie die Steine damals in die Ostallgäuer Region kamen.
Die Steine selbst stammen aus Pfronten-Kappel, die der Gletscher seinerzeit über den Steinebach gebracht hat. Der Gletscher taute ab und legte somit, den heute als „Pfrontner Marmor“ bekannten Stein, frei. 
Es bietet sich hierzu auch der grenzüberschreitende Geo-Pfad von der Breitenbergbahn in Pfronten-Steinach (eine Dauerausstellung hierzu gibt es an der Talstation) über die Bad Kissinger Hütte am Aggenstein und weiter über die Vilser Alp nach Vils an. Die sowohl landschaftlich als auch geologisch interessante Bergwanderung über die „großen Steine“ verschafft einen Überblick, um die Entstehungsgeschichte der Alpen selbst zu erleben und auch besser verstehen zu können. 


Steinkugelmühlen - welchen Zweck erfüllten sie früher?

Schon König Ludwig liebte es, mit den schönen kleinen Steinkugeln zu spielen, die gebräuchlichsten Namen hierfür waren wohl „Klucker“, „Schusser“, „Murmeln“ und „Marmeln“ (von Marmor).
Jedoch hatte das Mahlen von Kugeln früher eher wirtschaftliche Gründe, da es doch einen Zuverdienst für arme Bauern darstellte. Um 1800 wurden am Unterster bei Berchtesgaden pro Jahr mehrere 100.000 Kugeln produziert. Über Handelshäuser gelangten sie damals zu Häfen, wo sie den Kiel der großen Schiffe als Ausgleich der abgeladenen Ware beschwerten, in großem Durchmesser aber angeblich auch als Kanonenkugeln Verwendung fanden. Feindlichen Schiffen wurden damit die Segel zerschossen, um sie fahruntüchtig zu machen. In Übersee waren solche Steinkugeln nicht nur Spielzeug für Kinder, sondern vor allem begehrte Handels- und Tauschwaren. Als Dampfschiffe die Segelschiffe ablösten, übernahm die Kohle die Aufgabe des Ballastes im Kiel und die Steinkugeln verschwanden mit der Zeit. 



Harter Stein - weiches Wasser

Bereits Laotse (6. Jhdt. v. Chr.) lobte die Eigenschaft des Elements:

„Nichts in der Welt ist geschmeidiger und weicher als Wasser, doch nichts kann es besser als es,  dem Festen und Harten zusetzen.“ (Tao Te King, Vers 78)

Man ist daher anfangs schon ein bisschen verwundert, wie man aus einem harten, kantigen Stein eine völlig glänzende und schimmernde Steinkugel herstellen kann, die sich beim Anfassen weich und sehr geschmeidig anfühlt. Hier kommt die Wasserkraft in der Mühle ins Spiel.

Vom Stein zur Kugel

Eine Steinkugelmühle besteht aus zwei Teilen: einem liegenden festen Mühlstein mit konzentrischem Rillenprofil und einem aufliegenden Holzläufer mit gleichem Rillenprofil. Dieser wird vom Wasser des Baches aus der Höllschlucht über ein Schaufelrad angetrieben. Es werden vorformatierte, gleich große Steine in die Mühle eingelegt. Diese reiben sich, durch das Gewicht des sich drehenden Holzläufers auf dem Mühlstein zu Kugeln.



Man kann sich das wie ein Kugellager vorstellen. Der Vorgang dauert nur wenige Tage. Durch Nachpolieren der Steinkugeln werden die Farben und Formen des Gesteins besser zur Geltung gebracht. Früher wurde dies durch Handarbeit (Hammer + Meißel) bewerkstelligt, weshalb die Kugeln dann auch nicht ganz rund wurden. 









Ein Schmuckstück für Zuhause schleifen

Dank Heinz Schubert, der seit 2001 aus rohen Steinbrocken hochglanzpolierte Steinkugeln herstellt, konnte im Rahmen einer Ortserneuerung in Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt, der Gemeinde und dem Waldseilgarten Höllschlucht im Jahre 2012 die erste wassergetriebene Steinkugelmühle im Allgäu in Betrieb genommen werden und bereichert so den Tourismus in Pfronten. 


Die Kugeln von Heinz können direkt bei ihm in der Werkstatt im Kreuzleweg besichtigt und erworben werden – es gibt dort auch Führungen, Termine hierzu sind zu gegebener Zeit in der Tageszeitung ersichtlich. 


Auch gibt es in den Sommermonaten Vorführungen an der Steinkugelmühle, die sehr informativ und spannend gestaltet sind. Wer möchte, kann sich im Anschluss daran noch mit kleinen Schleif-Schwämmchen sein eigenes kleines Schmuckstück aus einem kleinen Stein selbst herstellen (keine Kugel!). 


Mit etwas Geduld zu einem echten Schmuckstück

Damit die Teilnehmer sich ein genaues Bild über die Funktion der Mühle machen können, werden nun Stein-Rohlinge vorsichtig in die untere Rille der Steinkugelmühle gelegt. Sodann öffnet Sabine am oberen Becken die Wasserschleuse und das Wasser aus dem Bach der Höllschlucht saust mit Karacho durch eine Holzrinne hinunter, direkt auf das Mühlenrad, und schon beginnt es sich zu drehen.



Während nun die Rohlinge im Hintergrund unter den rauschenden Wassermassen gemahlen werden, darf sich jeder einen passenden Stein aussuchen und dann geht’s auch schon ans Werk.

Allen Teilnehmern werden dafür kleine Schwämmchen mit Diamant-Partikel in verschiedenen Schleifstärken zur Verfügung gestellt. 
Als Nächstes werden die Steine erst mit dem gröbsten Schwamm, der vorher nass gemacht wird, vorgeschliffen. 
Dann heißt es kräftig polieren, und das ist gar nicht so einfach und erfordert zudem etwas Geduld und Ausdauer. Erst wenn Sabine das „Ok“ gibt, geht es über zum nächsten Schwamm und es darf fest weiterpoliert werden. 


Alle sind eifrig bei der Sache und freuen sich, sobald sich kleine Erfolge sichtbar machen. Im Hintergrund rauscht derweil immer noch die Steinkugelmühle und so mancher nutzt die Gelegenheit, der Mühle einfach einmal zuzusehen oder eine kleine Pause vom Schleifen zu machen. 



Nach und nach entstehen kleine, glänzende Objekte, die am Ende dann natürlich mit nach Hause genommen werden dürfen. 
Zuletzt wird das Wasser in der Mühle abgestellt und die geschliffenen Kugeln herausgenommen. Das Ergebnis ist wirklich beeindruckend: kugelrund mit wundervollen Mustern dürfen die Steinkugeln von den Teilnehmern sodann bestaunt und begutachtet werden. Wer möchte, kann zum Abschluss eine glänzende Steinkugel käuflich erwerben und als Erinnerungsstück für Zuhause mitnehmen.



Die Steinkugelmühle liegt direkt zwischen Nesselwang und Pfronten, in Pfronten-Kappel. Ein großer Parkplatz steht den Besuchern zur Verfügung. Von dort sind es nur etwa 5 Minuten Gehzeit zur Steinkugelmühle


Termine und Anmeldungen zu den Vorführungen an der Steinkugel-Mühle: 
Waldseilgarten-Büro Tel. 08363 / 9259896 oder per Mail info@waldseilgarten-hoellschlucht.de


Geschichtliche und Allgemeinde Information: www.steinkugelmuehle.de 

www.steinkugelmuehle.de 
www.pfronten.de 

Auch wenn wir uns noch ein bisschen gedulden müssen, bis die erste Steinkugelmühle im Allgäu für diese Saison in Betrieb geht, so hoffe ich, dass Ihr Lust darauf bekommen habt, sie einmal zu besuchen. Denn so ein rundes, glänzendes Unikat zuhause zu haben, weckt immer wieder die Erinnerung an einen wundervollen Urlaub/Ausflug hier bei uns im schönen Allgäu. 

Ich wünsche Euch einen schönen Faschingsausklang und für alle, die das Glück haben, Urlaub zu haben, natürlich schöne Ferien und einen erholsamen Urlaub!

Herzallgäuerliebste Grüße

Eure Saskia

Diesen Beitrag könnt Ihr außerdem auch in der aktuellen Ausgabe von "Die Allgäuerin" lesen :). Hier gehts zum LINK: https://www.dieallgaeuerin.de







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